Ratgeber für betroffene Patienten

Was tun wenn KV-Dienst Berlin einen Hausbesuch ablehnt?

Immer häufiger berichten Patienten, dass sie von der 116117 keinen Hausbesuch erhalten. Dies liegt an neuen Richtlinien, Software und Arbeitsrecht. Wie kam es zu dieser Entwicklung? Gibt es ein Recht auf Hausbesuch? Welche Möglichkeiten haben Patienten nun?

FAQ zum Hausbesuchs-Dienst
der KV-Berlin

Der KV-Dienst Berlin bzw. die Leitstelle unter der Nummer 116117 empfiehlt in der Regel eine andere Form der Versorgung als einen Hausbesuch. Nach einer Ersteinschätzung am Telefon werden die Patienten in den meisten Fällen an eine dienstbereite Praxis, eine Notdienstpraxis in einem Berliner Krankenhaus oder an eine ärztliche Telefonberatung verwiesen. Hausbesuche werden nur dann veranlasst, wenn die Patienten aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage sind, selbst eine Praxis aufzusuchen. Dies betrifft vor allem dringende Fälle, die nachts, am Wochenende oder an Feiertagen auftreten. Sollte die Leitstelle einen lebensbedrohlichen Zustand feststellen, wird unverzüglich der Rettungsdienst alarmiert, um sofortige medizinische Hilfe zu leisten.

Im Jahr 2018 führte der KV-Dienst in Berlin noch rund 160.000 bis 170.000 Hausbesuche durch, während diese Zahl 2023 auf etwa 72.000 gesunken ist. Im Vergleich dazu wurde die Anzahl der Hausbesuche im Jahr 2024 nochmals deutlich reduziert. Hauptgrund dafür ist die seit 2018 eingesetzte Software, die den medizinischen Versorgungsbedarf telefonisch ermittelt. Das Callcenter unter der Nummer 116117 kann mittlerweile die meisten Patientinnen und Patienten so gut einschätzen, dass ein Hausbesuch oft nicht mehr erforderlich ist. Die Software gibt nach einer gezielten Abfrage klare Empfehlungen ab, ob ein Hausbesuch notwendig ist oder ob eine Behandlung in einer Praxis oder durch telefonische Beratung ausreichend ist, was zur weiteren Entlastung des Kassenärztlichen Bereitschaftsdienstes beiträgt.

Seit Anfang 2024 können im Ärztlichen Bereitschaftsdienst der KV Berlin deutlich weniger Ärzte eingesetzt werden, was die Versorgung der Patienten weiter erschwert. Grund dafür ist ein arbeitsrechtliches Urteil des Bundessozialgerichts, das festlegte, dass sogenannte „Poolärzte“, die bisher rund ein Drittel der Dienste übernommen haben, sozialversicherungspflichtig sind. Diese Ärzte, darunter Klinikärzte, Betriebsärzte und Ruheständler, dürfen nun nicht mehr für Hausbesuche eingesetzt werden, da sie nicht bei der KV unter Vertrag stehen. Perspektivisch könnten solche nicht festangestellten Ärzte zwar wieder in der telefonischen Beratung tätig werden, jedoch ist es Stand 2024 ausgeschlossen, dass sie für Hausbesuche zurückkehren. Infolgedessen müssen Patienten damit rechnen seltener von der 116117 einen Hausbesuch zu erhalten.

Die KV Berlin hat beschlossen, ab dem 1. Januar 2024 die ärztlichen Leistungen in den Praxen zu reduzieren. Die Fallzahlen im Regelleistungsvolumen der Praxen werden um zehn Prozent gesenkt, während das Honorar pro Behandlungsfall steigt, sodass die Praxisbudgets stabil bleiben. Dieser Schritt soll verdeutlichen, dass die Praxen nicht mehr bereit sind, unzureichend bezahlte Leistungen zu erbringen. Hintergrund ist, dass in Berlin bisher 20 Prozent mehr Leistungen erbracht wurden, als mit den Krankenkassen vereinbart und vergütet. Die KV Berlin fordert damit eine angemessene Finanzierung der ambulanten Versorgung, um die Zukunft der Praxen zu sichern.
Für weitere Informationen findest du hier die offizielle Pressemitteilung: Pressemitteilung der KV Berlin.

Option 1

Telemedizin: Beratung per Telefon oder Videochat

Telemedizinische und telefonische Beratungen können in vielen Fällen eine schnelle Hilfe bieten und reichen oft aus, um Symptome zu lindern, bis der Hausarzt wieder geöffnet hat. Die 116117 bietet gesetzlich Versicherten diesen Service kostenlos an.

Allerdings bergen sie das Risiko, fehleranfällig zu sein, da eine persönliche Untersuchung fehlt. Gerade bei komplexeren oder schwer einschätzbaren Beschwerden kann es schwierig sein, ohne direkten Kontakt eine genaue Diagnose zu stellen, weshalb diese Art der Beratung nicht immer einen Hausbesuch oder den Besuch in einer Praxis ersetzen kann.

Option 2

Hausbesuch durch einen Privatärztlichen Notdienst z.B: Arztbesuche.de

Bei der Wahl eines privatärztlichen Dienstes sollten Sie darauf achten, wie schnell ein Arzt verfügbar ist. Viele Vermittlungsplattformen bieten Hausbesuche mit mehreren Tagen Vorlauf an, was ideal für die Nachsorge nach Operationen ist.

Ein echter Notdienst hingegen hat Ärzt*innen, die nach Dienstplan Bereitschaft haben und am selben Tag, oft innerhalb weniger Stunden, einen Hausbesuch durchführen können. Solche Dienste sind in der Regel täglich verfügbar, auch am Wochenende und an Feiertagen.

Der bekannteste privatärztliche Notdienst in Berlin ist arztbesuche.de. Dieser Dienst, aktiv seit 2012, steht auch gesetzlich Versicherten zur Verfügung, wenn sie die Kosten von etwa 150 Euro selbst tragen. Der Notdienst ist täglich von 6:00 bis 24:00 Uhr besetzt und ein Bereitschaftsarzt kann oft innerhalb von 90 Minuten vor Ort sein.

Sowohl Hausbesuche so schnell wie möglich als auch geplante Hausbesuche für die kommenden Tage lassen sich bequem online anfordern.

Option 3

Bis 21:00 – KV-Notdienstpraxen in Berlin

Unter der Rufnummer 116117 kann rund um die Uhr erfragt werden, welche Notdienstpraxis in Berlin geöffnet ist. Der Ärztliche Bereitschaftsdienst der KV Berlin ist für alle gesetzlich Versicherten kostenlos erreichbar und bietet auch außerhalb der regulären Sprechzeiten eine ambulante ärztliche Versorgung in den KV-Notdienstpraxen für Erwachsene sowie für Kinder und Jugendliche. Diese Praxen helfen, die Rettungsstellen der Krankenhäuser zu entlasten.
Insbesondere an Feiertagen oder bei großem Andrang müssen Sie jedoch mit längeren Wartezeiten in den KV-Praxen rechnen.

Option 4

Rund um die Uhr am limit: Rettungstellen der Krankenhäuser

Die Rettungsstellen der Berliner Krankenhäuser sind immer erste Anlaufstelle für Rettungswagen, die über die Nummer 112 gerufen werden, wobei lebensbedrohliche Fälle stets Vorrang haben. Leider werden die Notaufnahmen oft von Menschen aufgesucht, die nur leichte Beschwerden haben. Es ist daher ratsam, bei nicht ernsten Verletzungen auf die Rettungsstelle zu verzichten, um den Weg für echte Notfälle frei zu halten. Niemand wird abgewiesen, doch wer mit weniger dringenden Anliegen kommt, muss damit rechnen, viele Stunden zu warten, bevor er behandelt wird.

In lebensbedrohlichen Fällen rufen Sie immer sofort den Notarzt unter 112, mehr dazu unter:

Arzt Notdienst in Berlin

Sie haben viele gute Gründe für einen Hausbesuch im Notdienst:

  • Wartezeiten in Praxen oder Kliniken vermeiden und schnell ärztliche Betreuung erhalten.
  • Ansteckungen vermeiden und den Kontakt mit anderen Patienten in Praxen oder Notaufnahmen ausschließen.
  • Noch heute ärztliche Versorgung, selbst an Wochenenden und Feiertagen.
  • Enger Zeitplan? Sie benötigen medizinische Hilfe in einem bestimmten Zeitfenster, z. B. im Hotel vor einem Flug.
  • Eingeschränkte Mobilität, die das Verlassen des Hauses erschwert.
  • Einfühlsame persönliche Behandlung in vertrauter Umgebung, anstatt schnell abgefertigt zu werden.
  • Künstler mit akuten Anforderungen, wie medizinische Unterstützung vor einem Auftritt im Backstage.
  • Individuelle, ausführliche Beratung und Untersuchung ohne Zeitdruck.

Geplante Hausbesuche sind sinnvoll bei:

  • Nachversorgung nach Operationen, z. B. für das Ziehen eines Katheters.
  • Regelmäßige Wundversorgung bei schwer heilenden Wunden.
  • Vorsorgeuntersuchungen oder Laboruntersuchungen wie Blutabnahmen.
  • Chronische Erkrankungen, die regelmäßige Untersuchungen erfordern.
  • Folgebesuche durch denselben Arzt für kontinuierliche Betreuung.
  • Angstpatienten, die immer denselben Arzt in gewohnter Umgebung benötigen.
  • Planbare Medikamentengabe oder Infusionen.
  • Persönlicher Arzt als Backup bei extremen sportlichen oder künstlerischen Herausforderungen.
  • Event-Buchungen, z. B. als Backstage-Arzt.
  • Impfungen für immobile oder gefährdete Patient*innen.
  • Beobachtung des allgemeinen Gesundheitszustands bei älteren oder gebrechlichen Patient*innen.
  • Zweitmeinung für Verwandte, z. B. in Pflegeheimen.
  • Aufklärungsgespräche für Angehörige über den Gesundheitszustand und Behandlungsoptionen.
  • Schmerztherapie, um individuell abgestimmte Behandlungspläne zu erstellen.
  • Palliativmedizin, für eine einfühlsame und spezialisierte Betreuung.

Ärzte nehmen sich viel Zeit

Im Notdienst schnell vor Ort

Hausbesuch 150€ – 200€ nach GOÄ

Infusionen vor Ort möglich

Arztwahl bei geplanten Hausbesuchen

Hotel, Büro, Backstage – Arzt vor Ort

Arzbesuche.de

Privatärztliche Hausbesuche für Selbstzahler*innen möglich

Wenn Sie die bestmögliche medizinische Hilfe suchen, bieten privatärztliche Hausbesuche eine ideale Lösung. Die Ärzt*innen nehmen sich viel Zeit für eine gründliche Untersuchung und individuelle Beratung – ganz ohne Zeitdruck. Im Notdienst sind sie in der Regel innerhalb von 90 Minuten bei Ihnen vor Ort. Als Selbstzahler tragen Sie die Kosten von etwa 150€ pro Hausbesuch, abhängig von der erbrachten Leistung des Arztes. Die Abrechnung erfolgt fair nach der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ), und Sie erhalten eine Rechnung direkt vom Arzt.

Arzt im Notdienst vor der Philharmonie Berlin

So berichten die Medien über die KV-Berlin Situation

Relevante externe Verlinkungen zu Medienartikeln und Quellen:
17.03.2024
Der Tagesspiegel berichtet

Patienten müssen länger warten:
Weniger Ärzte in Berlin im Bereitschaftsdienst

In Berlin müssen Patientinnen aufgrund von Personalmangel länger auf den ärztlichen Bereitschaftsdienst warten. Seit einem Urteil des Bundessozialgerichts dürfen keine Poolärztinnen mehr eingesetzt werden, die zuvor etwa die Hälfte der Dienste übernommen haben. Im Januar konnten 10 Prozent, im Februar 13 Prozent der Dienste nicht besetzt werden. Über 100 Ärztinnen fallen nun weg, was zu Dienstausfällen in Notdienstpraxen und längeren Wartezeiten führt. Die KV Berlin fordert die Befreiung der Poolärztinnen von der Sozialversicherungspflicht, um die Situation zu verbessern.
26.10.2023
Ärzte Zeitung berichtet

Ersteinschätzung per Hotline
Software macht‘s möglich:
KV Berlin halbiert Zahl der Hausbesuche

Die Kassenärztliche Vereinigung (KV) Berlin hat durch den Einsatz einer speziellen Software die Zahl der Hausbesuche stark reduziert. Diese Software ermöglicht es, den medizinischen Bedarf von Patientinnen am Telefon besser einzuschätzen und gezielt Empfehlungen auszusprechen. Dadurch konnte die Anzahl der Hausbesuche in Berlin in den letzten Jahren um die Hälfte gesenkt werden. Stattdessen werden Patientinnen an Notdienstpraxen oder andere geeignete Stellen verwiesen. Diese Veränderung entlastet den Bereitschaftsdienst und optimiert die Versorgung.
17.03.2024

Deutlich weniger Hausbesuche von KV-Dienst Bereitschaftsärzten in Berlin

Die Zahl der Hausbesuche durch Bereitschaftsärzt*innen in Berlin hat sich in den letzten Jahren mehr als halbiert, von rund 160.000-170.000 Hausbesuchen im Jahr bis 2018 auf etwa 72.000 in den letzten beiden Jahren. Grund dafür ist eine Software, die den Versorgungsbedarf telefonisch einschätzt und weniger dringende Fälle an andere Versorgungsstrukturen wie Hausarztpraxen oder Notdienstpraxen verweist. Diese Veränderung entlastet den Bereitschaftsdienst erheblich, jedoch gibt es Kritik, dass dies die Überlastung der Rettungsdienste und Notaufnahmen verstärkt.

KV Berlin reduziert ab Dezember Angebote des Ärztlichen Bereitschaftsdienstes

Die Kassenärztliche Vereinigung (KV) Berlin wird ab Dezember keine Poolärztinnen mehr im Bereitschaftsdienst für Hausbesuche und Telefonberatung einsetzen, was zu längeren Wartezeiten und Einschränkungen führen wird, besonders nachts. Grund dafür ist ein Urteil des Bundessozialgerichts zur Sozialversicherungspflicht von Poolärztinnen. Diese Entscheidung betrifft auch die KV-Notdienstpraxen, die ab Januar reduzierte Öffnungszeiten haben werden. Die KV Berlin fordert die Politik auf, eine Lösung zu finden, um den ambulanten Bereitschaftsdienst nicht weiter zu belasten.

Gesundheitsamt Neukölln wirbt um ehemalige Pool-Ärzte der KV Berlin

Das Gesundheitsamt Neukölln wirbt um ehemalige Pool-Ärzte der KV Berlin, die aufgrund eines Urteils des Bundessozialgerichts nicht mehr im Bereitschaftsdienst arbeiten dürfen. Besonders Fachärztinnen für Psychiatrie, öffentliches Gesundheitswesen sowie Ärztinnen mit relevanter Berufserfahrung werden gesucht. Neukölln bietet flexible Arbeitszeiten, eine Fachkräftezulage und geregelte Arbeitszeiten, was besonders für Pool-Ärzte attraktiv sein könnte, die oft Nachtschichten geleistet haben.
30.10.2023

Mehr Arbeit für Notaufnahmen:
Ärztlicher Bereitschaftsdienst wird in Berlin massiv gekürzt

Die ambulante Notfallversorgung in Berlin wird ab Dezember massiv eingeschränkt, da der ärztliche Bereitschaftsdienst keine Poolärzt*innen mehr einsetzen darf, die bisher etwa ein Drittel der Dienste übernahmen. Dies führt zu längeren Wartezeiten, insbesondere nachts und am Wochenende. Die Notdienstpraxen werden ab Januar 2024 reduzierte Öffnungszeiten haben. Diese Kürzungen könnten eine stärkere Belastung der Notaufnahmen und Rettungsdienste nach sich ziehen, da die KV-Berlin keine finanzielle Möglichkeit sieht, Poolärzte sozialversichert zu beschäftigen.